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Erschienen am 20. August 2011 im Höchster Kreisblatt 
Mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Neuen Presse/HK.

Vom "Gipser" zum "Lautsprecher"

Bürger für Hornau erinnern im neuen Geschichtsband an Heimatforscher Martin Pleines und Radio-Mann Hans Teske

Das dritte Heft der Gruppe hat auch weitere nette Anekdoten aus dem Ort zu bieten. Es soll die Historie wach halten.

Hornau. Noch mit über 80 Jahren war er mit seiner unverwechselbaren Baskenmütze im Ort unterwegs: Martin Pleines ging damals als wahrscheinlich ältester Motorradfahrer mit seinem weinroten Gefährt in die Geschichte Kelkheims ein. Doch einen Namen hat sich der Hornauer, der auch als "Gipsmartin" oder "der Gipser" bekannt war, in anderen Funktionen gemacht: Pleines war einer der größten Baumeister der Stadt, machte sich aber vor allem um die Heimatforschung verdient. 1965, kurz nachdem er 83 Jahre alt wurde, starb der Tausendsassa.

Vorsitzender Dieter Trippe (links) und Friedel Bender haben das Geschichtsbuch zusammen mit Reinhold Reuss erstellt. Foto: Nietner

Da Pleines überall mitmischte, widmen ihm die Bürger für Hornau ein Kapital in ihrem neuen Geschichtsband "Hornauer Allerlei". Die Mitglieder Reinhold Reuss, Friedel Bender und Dieter Trippe haben das 40-seitige Werk erstellt. Wer sich dafür interessiert, kann es für neun Euro bei den Vorstandsmitgliedern bekommen. Auch die vorangegangenen Ausgaben über die "Rote Mühle" und die "Alte Kapelle" sind noch zu haben.

Über verdiente Leute
"Wir haben uns zum Ziel gesetzt, über verdiente Hornauer Menschen zu schreiben", sagt Friedel Bender. Wichtig sei es, "die Geschichte, die weit zurückliegt, einmal aufzuarbeiten". Damit solle die Historie des Kelkheimer Stadtteils nicht verloren gehen. Einige kürzere Beiträge befassen sich unter anderem mit der Geschichte des Krieger- und Ehrenmals auf dem Friedhof, mit Schlachtfesten, dem "Horner Platt" sowie den Plänen des Vereins, den Platz an der ehemaligen Gemeindewaage umzugestalten. Außerdem hat sich Friedel Bender mit der Familie von Hans Teske auseinandergesetzt und dafür mit dessen Tochter Erika in den USA Kontakt aufgenommen. Aus Teskes Nachlass hat er Unterlagen fürs Porträt erhalten. "Es gibt noch Kontaktpersonen, und viel hat man auch selber miterlebt", so Bender.

Ein Brückenbauer
So schreibt Reinhold Reuss, dass er Heimatforscher Pleines noch selbst mit Motorrad und Baskenmütze kannte. "Er war Zeit seines Lebens ein humorvoller Mensch", sagt der ehemalige Hornauer, der heute in Schwanheim lebt und regelmäßig über seine Heimat berichtet. Rund 50 Jahre war Pleines als Bauunternehmer tätig und hinterließ in Kelkheim viele Spuren. In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges baute der gebürtige Hornauer die nach einem Bombenangriff zerstörte "Geschwenner-Brick", eine wichtige Verbindung für Landwirte, wieder auf. Der Innenverputz der neuen Martinskirche stammt ebenfalls von Pleines.

Für die Heimatpflege wiederum "scheute er weder finanzielle Opfer noch umständliche Reisen", um Dokumente zu finden, die für die Ortsgeschichte von Bedeutung sein könnten, sagt Reuss. Im historischen Museum Frankfurt und dem Staatsarchiv Wiesbaden sei er ebenso bekannt gewesen wie im Archiv der Residenzstadt Würzburg. So konnte er viele Unterlagen der Familiengeschichte der Freiherrn von Gagern zusammentragen. Am Herzen habe ihm zudem die Entwicklung des Schreinerhandwerks zur Möbelstadt gelegen, so Reuss. Ein Traum von Pleines, der Gründer des Männer-Arbeitergesangvereins "Mariengruß" war, blieb unerfüllt. Da seine Wohnung "immer mehr einem kleinen Heimatmuseum glich", wollte er ein richtiges Museum in der Alten Martinskirche einrichten, wie Reuss schreibt. Doch daraus wurde nichts — die von Pleines gesammelten Gegenstände wanderten ins Stadtarchiv oder gingen an seine Erben. Einige Dinge, wie etwa sein Hornauer Hausbuch mit einer Beschreibung aller Gebäude im Ort, gingen verloren.

Nicht ganz so verwurzelt war Hans Teske mit seiner Familie. Dennoch befasst sich ein Kapitel mit dem Radiotechniker, der als Fachmann für Lautsprecherübertragen auf keinem Fest in der Region fehlen durfte. So beschallte Teske Fronleichnamsprozessionen, Pfarrfeste, Feiern bei Schulen und Sportvereinen sowie die Möbelausstellungen. Anfangs wurden die Utensilien des Hornauers, der in den 1950er Jahren von Cottbus über Berlin, Gießen, Hanau und Frankfurt in die Region kam, in einem Gummi-Handwagen transportiert. Später steuerte Teske seine Technik aus einem VW Käfer heraus. Junge Buben aus dem Ort waren ihm oft für ein Taschengeld behilflich. Außerdem entwickelte der Chef von Radio-Teske Sprechanlagen für öffentliche Gebäude in Kelkheim — etwa das Rathaus, die Stadthalle oder die Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof. Noch bis zu seinem 91. Lebensjahr sei er mit seiner Ausrüstung unterwegs gewesen, berichtet Bender. Im Alter von 94 Jahren starb der Hornauer. Seine Frau Erika war als Laienschauspielerin im Ort aktiv. Bundesweit bekannt wurde sie als Gewinnerin der Fernseh-Quizsendung "Einer wird gewinnen" mit Hans-Joachim Kulenkampff im Jahr 1965.

Vorsitzender Dieter Trippe ist für Anfragen unter (0 61 95) 6 44 36 und info@buerger-fuer-hornau zu erreichen. (wein)

Copyright: Frankfurter Neue Presse/HK

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