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Erschienen am 2. Oktober 2009 im Höchster Kreisblatt 
Mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Neuen Presse/HK.

"Kerlesberger" war für die Kerbeborsch reserviert

Erinnerung an ein Stück Heimatgeschichte

Die Hornauer Kerb ist Thema einer Chronik, die der Verein Bürger für Hornau veröffentlicht hat. Das 136 Seiten starke Buch fällt vor allem durch seine vielen Fotos auf.

Auch wenn sie ernst schauen: Die Mitglieder der Jahrgangsgruppe 1909 plus Kerbehammel hatten viel Spaß bei der Honauer Kerb. Das große Foto stammt aus dem Jahr 1927. Bunt und fröhlich kam die Kerbefahne 1958 daher, wie das kleine Bild rechts beweist.

Hornau. Die Einwohner seien aufgefordert, dem Ort zur Kerb durch Fahnen und Birkengrün ein besonderes Aussehen zu geben, hieß es in der Hornauer Kerbezeitung des Jahres 1956. „Unser Appell gilt besonders denjenigen, die meinten, die Kerb könne nur im November gefeiert werden“, schrieben die Kerbeburschen damals vielsagend – offensichtlich hatte es eine heiße Diskussion um die Verlegung der Kerb gegeben. Von 1955 wurde sie nämlich im Sommer gefeiert.

Apfelwein war dabei
Kerbezeitungen, ein Überblick über die vielen Hornauer Fastnachtsbräuche und vor allen Dingen viele Fotos, das ist der Inhalt eines Bandes, den die beiden Hornauer Friedel Bender und Reinhold Reuss zusammengestellt haben. Auf den ersten Blick gleichen sich viele Bilder zwar: Kerbeumzüge, Schubkarrenrennen, Aufstellen des Kerbebaums. Aber als Hornauer kann man lange durch die Aufnahmen stöbern, nach bekannten Gesichtern suchen und die Straßenzüge mit dem heutigen Erscheinungsbild vergleichen.
Viel Spaß machen in solchen Veröffentlichungen immer die anekdotischen Geschichten, wie etwa die vom Kerbetanz des Jahres 1956. Der Wirt des „Taunus“ wollte nur Wein ausschenken, die Kerbeburschen bestanden auf Apfelwein. Schließlich einigte man sich darauf, den Apfelwein in Rheingauer Rieslingflaschen abzufüllen – die anderen Gäste nämlich bekamen nichts vom sogenannten „Kerlesberger“.
So hieß der Apfelwein nach dem Gebiet „Auf dem Kerles“ zwischen dem Friedhof und dem Kloster, wo viele der Äpfel wuchsen, aus denen die Hornauer ihr „Stöffche“ machten. Man sieht, dass sich aus dem Buch eine Menge über den Ort lernen lässt. Zur Ehrenrettung der Gaststätte „Taunus“ sei noch gesagt, dass der Betreiber heute sogar selbst Apfelwein herstellt.
Der Äppler spielte auch eine Rolle, wenn der Kerbebaum aus dem Kühgrund, einem Waldstück beim Rettershof, geholt wurde. Ein Fässchen mit „Stöffche“ wurde genau in der Mitte des Baumes befestigt, nachdem der auf einen Wagen geladen worden war. Die Aktion machte offensichtlich durstig, denn auf dem Rückweg über Fischbach musste dort in einem Gasthaus Nachschub geholt werden.
Warum es die Hornauer Kerb nicht mehr gibt? Es fehle ein geeignetes Gelände, und die Jüngeren zögen es vor, ihre Freizeit anders zu gestalten, schreiben die Autoren. Durch das Fernsehen sei der Sinn für Gemeinschaft und Tradition immer mehr geschwunden. „Die Hornauer vermissen diesen uralten, traditionsreichen Brauch sehr“, beklagen Bender und Reuss.
Ob das aber so sein muss? In anderen Orten des Kreises, zuletzt in Lorsbach, ist es nach langer Pause gelungen, die Kerb wiederzubeleben. Eventuell wäre das eine Aufgabe für die Bürger für Hornau. Bei dem Vorsitzenden des Vereins, Dieter Trippe, kann die Chronik zum Preis von 33 Euro unter Telefon (0 61 95) 6 44 36 bestellt werden.
bt

Copyright: Frankfurter Neue Presse/HK

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