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Martin Pleines, ein wahrer Sohn seiner Heimat

Von Reinhold Reuss

Im Jahr 1965, einen Tag nach Vollendung seines 83. Lebensjahres, verstarb Martin Pleines, kurz MP, „Gipsmartin“ oder einfach „der Gipser“ genannt.

Der Hornauer Martin Pleines

Der gebürtige Hornauer hatte bereits im Jahr 1900 in Bad Homburg die Meisterwürde im Baugewerbe erworben. Aufgrund der regen Bautätigkeit, die in dieser Zeit in Frankfurt herrschte, hatten 70 bis 80 Prozent der jungen Hornauer Männer den Maurerberuf erlernt. Die Arbeitszeit auf dem Bau betrug damals 10 Stunden täglich.

Um rechtzeitig an ihren Baustellen zu sein, nahmen die Männer den ersten Zug um 6.40 Uhr ab
Bad Soden, am Abend kamen sie mit dem letzten Zug um 19.40 Uhr wieder in Bad Soden an. Den Weg von Hornau nach Bad Soden und umgekehrt legten die Maurer zu Fuß zurück. Die Stelle, an der sie abends wieder Hornauer Gebiet erreichten, war die „Borntreppe“ gegenüber dem ehemaligen Hornauer Rathaus. Heute steht dort der Bornbrunnen. Diese Informationen finden sich in einem Artikel über das Thema „Einweihung der Kleinbahn Höchst-Königstein in Hornau“, den Martin Pleines 1952 für den zwischen 1950 und 1959 jährlich erscheinenden „Main-Taunus-Kalender“ verfasst hat und der seinen Namen über Hornau hinaus regional bekannt machte.

Firmenlogo Martin Pleines

Martin Pleines war in der Baubranche ungefähr 50 Jahre als selbstständiger Bauunternehmer tätig und hat in diesen langen Jahren viele Häuser gebaut in Frankfurt, Bad Homburg, Kronberg und natürlich in Kelkheim. Hier führte die Firma Pleines 1951 u.a. auch den Innen­verputz der neuen St. Martinskirche in Hornau aus. Dabei wurde Martin Pleines von seinem Verwandten Hans Weck, seinen Enkeln Martin Noll und Walter Elzenheimer, der bei seinem Großvater in die Lehre ging, und einem Hilfsarbeiter unterstützt.

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs wurde bei einem Bombenangriff, der u.a. den Sende­anlagen auf dem Plateau des Großen Feldbergs galt, auch die „Geschwenner-Brick“ durch einen Jagd­bomber-Volltreffer zerstört. Da diese Verbindung für die Land­wirt­schaft von großer Wichtigkeit war, erhielt Martin Pleines von der Stadt­verwaltung den Auftrag, die Brücke schnellstens wieder in Stand zu setzen. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit noch genau an einen Bomben­trichter auf dem Fasanen­kopf (Gräbenwald) auf Höhe des früheren Hofguts Adolfshöhe sowie an einen weiteren Bomben­trichter oberhalb der Lieder­bach­brücke in der Nähe der Roten Mühle.

Es gelang ihm, viele Unterlagen aus der Familien­geschichte der Frei­herren von Gagern zusammen­zutragen, die ihren Wohn­sitz in Hornau hatten und bekannt­lich eine bedeu­tende Rolle in der deutschen Geschichte des 19. Jahrhun­derts gespielt haben. Ebenso am Herzen lag Martin Pleines die Erforschung der Entwicklung des Schreiner­handwerks in Kelkheim, die Aufschluss über den Weg Kelkheims zur „Möbelstadt“ gibt. Gerne erzählte er davon, wie es in seinem „Urt“ Hornau, der damals noch eine eigen­ständige Gemeinde war, Anfang des 20. Jahr­hunderts aussah.

Martin Pleines hat auch den Entwurf zu dem Sgraffito an einer Wand des Hauses Gagern­ring 58 in der Nähe des Hornauer Bahnhofs angeregt, das im Jahr 1958 von dem Bad Homburger Bildhauer Otto Weber-Hartl ausgeführt wurde. Es soll Heinrich von Gagern, den ersten Präsidenten der Deutschen National­versammlung 1848 darstellen, der auf die Frankfurter Paulskirche hinweist. Im Hintergrund des Sgraffitos ist das Wappen der Familie von Gagern zu sehen, das aller­dings seiten­verkehrt dargestellt wurde.

Mein Vater, der in den 1960er Jahren für die „Frankfurter Neue Presse“ und die „Kelkheimer Nach­richten“ (heute „Taunuszeitung“) geschrieben hat, berichtete in einem Artikel anlässlich des
80. Geburtstages von Martin Pleines, dass dessen Wohnung mit den Jahren immer mehr einem kleinen Heimat­museum glich, in dem er alten Hausrat, Bilder, Möbel­stücke und vieles mehr gesammelt hatte. Sein großer Wunsch war es, die Ein­richtung eines Heimat­museums in der Alten St. Martinskirche zu erleben, aber leider blieb dieser Wunsch zu seinen Lebzeiten und auch später unerfüllt. Ein Heimat­museum für Hornau gibt es bis heute nicht. Die von Martin Pleines mit so viel Liebe gesammelten Gegenstände gingen zum Teil an das Stadtarchiv Kelkheim, andere an seine Erben. Einiges, wie das Hornauer Hausbuch, in dem er jedes Haus in Hornau beschrieben hatte, ging leider verloren.

Foto Familie Pleines aus Kelkheim-Hornau

Martin Pleines war Zeit seines Lebens ein humorvoller Mensch, was ihm über manche Ent­täuschung hinweghalf, die auch ihm nicht erspart blieb. Er hatte bereits im Jahr 1947 seine Ehefrau verloren und lebte in seinen späten Jahren im Kreis seiner Kinder und Enkel. Der nach außen oft etwas raubeinig wirkende Mann hatte stets das Herz auf dem rechten Fleck und hat viel für seine Heimat­gemeinde getan. So wurden zum Beispiel die Roten Maulbeer­bäume in der Rotlint­allee auf seine Initiative hin gepflanzt. Die Bäume, die heute an dieser Stelle stehen, sind allerdings nicht mehr die, deren Anpflanzung Martin Pleines angeregt hatte.

Wenig bekannt ist, dass Martin Pleines zu den sieben Gründern des Männer-Arbeitergesangvereins Mariengruß 1907 Hornau gehörte. Die Vereinsgründung fand im Saal der Gaststätte „Australia“ statt. Der heute nicht mehr bestehende Verein änderte im Lauf der Zeit mehrfach seinen Namen und hieß zuletzt Gemischter Chor Hornau, nachdem er sich vorher u.a. Volkschor Hornau genannt hatte.

Im Main-Taunus-Kalender 1953 findet sich ein schönes heimatverbundenes Gedicht von Martin Pleines mit dem Titel „Der Mannstein auf dem Staufen“, das Sie hier lesen können:

Der Mannstein auf dem Staufen

Von Martin Pleines

Der Riese auf dem Staufen droben
entführte von Burg Falkenstein
das Fräulein, um sich zu verloben
mit der Geliebten ganz allein.

Ein Ritter aber, der die Dame
von Herzen liebte, wie noch nie,
in seinem großen Liebesgrame
zum Herrgott heiß um Hilfe schrie.

Der Herrgott einen Engel sandte,
er brachte heim das Fräulein mit,
indes im wilden Widerstande
der Ritter mit dem Riesen stritt.

Doch mit dem Teufel war im Bunde
der Riese, und durch Zauberei'n
verwandelte in dieser Stunde
den Ritter er in einen Stein.

Um seine Rückkehr hat geflehet
das Fräulein und umsonst geharrt.
Der Ritter auf dem Staufen stehet
als Mannstein, ganz zu Stein erstarrt.

 

 

Quellenangaben:
Christa Wittekind (Mündliche Information)
Friedel Bender (Mündliche Information)
Dietrich Kleipa (Mündliche Information)
Herbert Reuss, „Kelkheimer Nachrichten“, 1962 und 1965
Main-Taunus-Kalender, Jhg. 1952
Main-Taunus-Kalender, Jhg. 1953
„Höchster Kreisblatt“ vom 30.04.2011
Wikipedia

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